Im Sommer 2021 haben der Bundestag und der Bundesrat eine neue Immobilienwertermittlungsverordnung beschlossen, die zum 01.01.2022 in Kraft tritt. In diesem Blogbeitrag beschäftige ich mich mit den Auswirkungen der ImmoWertV 2021 auf die tägliche Arbeit von Sachverständigen in der Immobilienbewertung.

Die gesetzlichen Grundlagen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken bilden die §§ 192 – 199 des Baugesetzbuches. Dort finden sich die Definition des Verkehrs- bzw. Marktwertes (§ 194 BauGB) und die Grundlagen für die Einrichtung und den Aufgaben der Gutachterausschüsse.

Im Baugesetzbuch finden sich allerdings keine Angaben zu den Wertermittlungsverfahren und den in diesem Zusammenhang abzuleitenden Daten. Diese waren in der ImmoWertV 2010, der Wertermittlungsrichtlinie (WertR 2006) und den in den Jahren 2011 – 2015 veröffentlichten Einzelrichtlinien (Bodenrichtwertrichtlinie, Sachwertrichtlinie, Vergleichswertrichtlinie und der Ertragswertrichtlinie) zu finden. Diese Richtlinien wurden allerdings nicht von allen Bundesländern verbindlich übernommen, sondern den Sachverständigen lediglich zur Anwendung empfohlen. Eine bundesweit einheitliche Regelung zur Anwendung der Wertermittlungsrichtlinien bestand also bis dato nicht.

Die ImmoWertV 2021 wurde am 19. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist ab dem 01.01.2022 verbindlich von den Verwaltungsbehörden und den Gutachterausschüssen anzuwenden.
Die Regelungen der neuen Rechtsverordnung sind aber auch von den Sachverständigen bei der Ermittlung des Verkehrswertes nach § 194 BauGB anzuwenden, sofern die Daten der Gutachterausschüsse genutzt werden. Es handelt sich im Wesentlichen um

  • Bodenrichtwerte
  • Marktdaten aus den Berichten der Gutachterausschüsse
  • Daten aus der Kaufpreissammlung
  • Liegenschaftszinssätze, Sachwertanpassungsfaktoren, Vergleichsfaktoren, Umrechnungskoeffizienten und andere Indexreihen.

Es steht jedem Sachverständigen aber weiterhin frei, auch Daten aus anderen Quellen zu nutzen.

Bei der ImmoWertV 2021 handelt es sich um eine komplett überarbeitete Rechtsverordnung, in der alle bisherigen Richtlinien nebst ImmoWertV 2010 integriert sind. Ziel der Neuregelung war es, stärker als bisher sicherzustellen, dass die Ermittlung der Bodenrichtwerte und der sonstigen der für die Wertermittlung erforderlichen Daten bundesweit nach einheitlichen Grundsätzen erfolgen. Vor allem das Bundesfinanzministerium möchte erreichen, dass durch eine einheitliche Form der Immobilienbewertung eine gesicherte Grundlage für die steuerliche Bewertung geschaffen wird.

Ergänzend hat der Bundesrat die Bundesregierung in einer Entschließung aufgefordert, die Normalherstellungskosten 2010 (NHK 2010) bis spätestens Ende 2024 zu überarbeiten und an die aktuellen Verhältnisse anzupassen.

Insgesamt zeigt die neue ImmoWertV 2021 keine grundlegenden inhaltlichen Neuerungen. Es wurden einige Begriffe vereinheitlicht, verdeutlicht bzw. zusammengefasst und die Verfahrensschritte der einzelnen Wertermittlungsverfahren einheitlich dargestellt. Zusätzlich sollen Muster-Anwendungshinweise (ImmoWertA) erlassen werden, die bereits im Entwurf vorliegen. In diesen Anwendungshinweisen sollen die Inhalte der ImmoWertV präzisiert und anhand von Beispielen erklärt werden.

Die größten Veränderungen durch die Verordnung werden auf die Gutachterausschüsse bzw. deren Geschäftsstellen zukommen, die die Vorgaben der neuen ImmoWertV einheitlich in ganz Deutschland umsetzen müssen. Diese beziehen sich auf die einheitlichen Regelungen für die Ermittlung und die Veröffentlichung von Bodenrichtwerten (jeweils zum 01.01. eines Jahres) und für die Ableitung von für die Wertermittlung erforderlichen Daten.

Wesentliche inhaltliche Änderungen für die Bewertungspraxis ergeben sich aus der ImmoWertV nicht. Die aus meiner Sicht wichtigsten Änderungen sind die verbindliche Vorgabe der linearen Alterswertminderung und die Vorgabe fixer Gesamtnutzungsdauern der Gebäude (die bisherigen Spannenwerte entfallen).

Unsere Aufgabe als Sachverständige besteht nun darin, die Texte der Mustergutachten (insbesondere das Rechtsgrundlagenverzeichnis) zu überarbeiten und die neuen Begrifflichkeiten umzusetzen. Inhaltliche Änderungen bei der Gutachtenerstellung ergeben sich – wie gesagt – nicht.

Fazit:

Die bundesweite Vereinheitlichung der Wertermittlung und der in diesem Zusammenhang verwendeten Daten wird allgemein (auch von mir) begrüßt. Allerdings ist zu bezweifeln, dass sich die Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse kurzfristig an die neuen Regularien anpassen können. Immerhin ist es mangels vergleichbarer Daten seit Jahren nicht gelungen, einen Grundstücksmarktbericht für Deutschland zu erarbeiten. Die Methoden und die Qualität der veröffentlichten Daten sind von Gutachterausschuss zu Gutachterausschuss sehr unterschiedlich. Aber vielleicht werden wir von den Gutachterausschüssen positiv überrascht und wir Gutachter können im Laufe des kommenden Jahres auf Wertermittlungsdaten in einheitlicher Qualität zurückgreifen.

Quellen:

„Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten“ (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV, verkündet am 19. Juli 2021, Bundesgesetzblatt I, Seite 2805
Bernhard Bischoff: ImmoWertV 2021, Das ist neu bei der Immobilienbewertung
Informationen des Institut für Sachverständigenwesen e.V. Ausgabe 3/2021, Seite 2